Vor 25 Jahren, im August 1992, kam es für mehrere Tage zu Ausschreitungen am Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen. Das Haus, in dem vor allem vietnamesische Gastarbeiter lebten, wurde mit Steinen beworfen und Wohnungen angezündet. Das alle unter Applaus und Gejohle der Bevölkerung.
Gemeinsam wollen wir uns die Doku „The Truth lies in Rostock“ ansehen, die die „schwersten fremdenfeindlichen Ausschreitungen nach dem Zweiten Weltkrieg“ (Zeit) nachzeichnet und in der Betroffene, Täter und Politiker interviewt und Originalaufnahmen gezeigt werden.
Der Progrom von Rostock-Lichtenhagen fand wie die größeren (’91 Hoyerswerde, ’92 Mannheim, ’92 Mölln, ’93 Solingen) und unzähligen kleineren Gewalttaten und Brandanschläge auf Flüchtlingswohnheime und Wohnhäuser der 90er Jahre vor dem Hintergrund der „Asyldebatte“ in einer extrem ausländerfeindlichen Stimmung statt. Folgerichtig entlarvt der Film das Handeln und die Reaktion großer Teile von Politik, Polizei und Gesellschaft als eher klammheimliche Zustimmung denn als entschiedenes Entgegentreten. Und so wurden als Reaktion auf die Ausschreitungen nicht etwa die Opfer entschädigt, sondern Handlungsfähigkeit bewiesen und hart durchgegriffen: die Flüchtlingszahlen mussten runter, das Asylrecht gehörig geschleift werden.
Das Wiederaufkommen einer „Asyldebatte“ in den letzten zwei Jahren und die damit einhergehende Gewalt gegen Flüchtlinge und tatsächliche oder vermeintliche Ausländer muss leider jeden an die ’90er Jahre erinnern. Zu befürchten ist, dass das, was damals an nazistischem Gedankengut offenbar in großen Teilen der Gesellschaft nur notdürftig unterdrückt wurde und sich bei den Ausschreitungen kollektiv Bahn brach, auch heute noch in den Deutschen schlummert und nur darauf wartet, wieder an die Oberfläche zu dürfen.
Nach der Einführung durch die Dokumentation wollen wir daher gemeinsam anhand eines Thesenpapiers über damals, heute und die Gefahr von rechts diskutieren. Als Referentin ist Maria Neuhauss zu Gast.