„Ich würde mich vor den Fries begeben, auf dem die Söhne und Töchter der Erde sich gegen die Gewalten erhoben, die ihnen immer wieder nehmen wollten, was sie sich erkämpft hatten, […] Steine würden durch die Luft fliegen, Feuer und Blut würden aufschießen, bärtige Gesichter, zerfurchte Gesichter, mit kleinen Lampen über der Stirn, schwarze Gesichter, mit glitzernden Zähnen, gelbliche Gesichter unterm Helm aus geflochtenem Bast, junge Gesichter, fast kindlich noch, würden anstürmen und wieder untertauchen im Dampf, […] und Heilmann würde Rimbaud zitieren, und Coppi das Manifest sprechen, und ein Platz im Gemenge würde frei sein,
die Löwenpranke würde dort hängen, greifbar für jeden, und solange sie unten nicht abließen voneinander, würden sie die Pranke des Löwenfells nicht sehn, und es würde kein Kenntlicher kommen, den leeren Platz füllen, sie müßten selber mächtig werden dieses einzigen Griffs, dieser weit ausholenden und schwingenden Bewegung, mit der sie den furchtbaren Druck, der auf ihnen lastet, endlich hinwegfegen könnten.“ [Ästhetik des Widerstands]
Dies ist der letzte Satz der Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss. In ihm manifestiert sich das Programm der Bücher, auf die sich angeblich zuletzt alle Kräfte der 68er einigen konnten.
Die „Ästhetik des Widerstands“ ist die Beschreibung von Vorgängen, die passiert sind, so passiert sein könnten und die Wurzeln von den Dingen sind, die uns heute umgeben. Sie beschreibt die Geschichte einer namenlosen Person, eine Geschichte die gleichzeitig eine fast vergessene Geschichte des Widerstands ist. Ihr Widerstand wendet sich gegen den verdummenden Alltag, gegen den Nationalsozialismus, Kapitalismus und die tradierte Ideengeschichte der bürgerlichen Gesellschaft.
Peter Weiss versucht in seinen Romanen das Verhältnis des politischen Widerstands und der Kunst aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten, einen Bildungsroman zu schaffen, außerhalb der bürgerlichen Tradition, einen Roman der die Komplexität der Verhältnisse entfaltet, ohne dogmatisch zu sein. Das Buch hat ein klares Programm: Alle Leser*innen zur weit ausholenden und schwingenden Bewegung zu befähigen.
Wenn auch ihr euch gegen die Gewalten erheben wollt und ihr Lust habt, mit uns die „Ästhetik des Widerstands“ zu lesen, melde dich unter kontakt@falken-weimar.de oder schreibt uns bei Facebook. Wir lesen zweiwöchentlich am Mittwoch um 19 Uhr, beginnend am 03.07.19 – offline in der Gruppe oder online per Videokonferenz.